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Handchirurgische Krankheitsbilder - Karpaltunnel-Syndrom
"Fortgeschrittene Atrophie des Daumenballens"

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"Massive, sanduhrförmige Einengung des Nervus medianus"
Definition des Karpaltunnel-Syndroms (KTS):

Der "Karpaltunnel" beginnt anatomisch am Übergang vom Handgelenk zur Handwurzel. Im Bereich der Handwurzel bilden die acht Handwurzelknochen in Form eines flachen U - Bogens den Boden und die Seiten des Kanals, das kräftige, querverlaufende Handwurzelband (Retinaculum flexorum) bedeckt den Kanal nach beugeseitig (Zeichnung 1).

Zeichnung 1: Querschnitt durch den Karpalkanal


Im Karpalkanal verlaufen neun Beugesehnen für Langfinger und Daumen und der Mittelnerv (Nervus medianus).
Der Mittelnerv ist etwa bleistiftstark und besteht aus tausenden von Nervenfasern, die das Gefühl vermitteln für die Beugeseiten und einen Teil der Streckseiten von Daumen, Zeige-, Mittel- und der Hälfte des Ringfingers (Zeichnung 2). Dazu führt der Mittelnerv einen motorischen Anteil (Thenarast), der einen wichtigen Teil der Daumenmuskulatur versorgt.
Der Mittelnerv liegt zwischen dem queren Handwurzelband und den Beugesehnen, beim Strecken und Beugen des Handgelenkes und/oder der Finger kann er hier eingeengt werden.

Zeichnung 2: Die sensible Versorgung der Hand


Das KTS wird verursacht durch steigenden Druck im Karpalkanal, woraus dann eine Kompression des Mittelnerven resultiert. Wenn die weiche Struktur des Nervens gegen das querverlaufende Handwurzelband gedrückt wird, kommt es zur Verschlechterung der Durchblutung im komprimierten Teil des Nervens und zu den typischen Symptomen (s.u.).


Ursachen des KTS

Verschiedene Ursachen können zur Entwicklung eines KTS führen:
  • Entzündliche Schwellung der Beugesehnenscheiden
  • Wassereinlagerung
  • Brüche mit Verschiebungen oder in Fehlstellung verheilte Brüche im Handgelenk-Handwurzel-Bereich
  • Quetschverletzungen mit starker Schwellung
  • Rheumatische und degenerative Arthritiden
  • Diabetes mellitus(Zuckerkrankheit)
  • Schwellungen des Nervens
  • Tumore oder tumorähnliche Veränderungen (fast immer gutartig)
  • Schwangerschaft
Selten kann das KTS ausgelöst werden durch sich ständig wiederholende Belastungen/Verletzungen im Rahmen besonders anstrengender Tätigkeiten. Wesentlich häufiger können jedoch diese Tätigkeiten ein vorbestehendes KTS verschlimmern oder ein latentes KTS (noch ohne Symptome) auslösen. So wie berufliche Belastungen können aber auch andere Aktivitäten des täglichen Lebens und der Freizeit Symptome des KTS hervorrufen (z.B. längeres Rasenmähen oder Radfahren, Stricken, Holzarbeiten).
Vermeiden dieser Tätigkeiten, Arbeitspausen oder Benutzung ergonomischer Werkzeuge können die KTS-Beschwerden unter Umständen bessern. Zu entscheiden, ob ein KTS auf beruflich oder privat belastende Tätigkeiten zurückgeführt werden kann, ist sehr schwer.


Zeichen und Symptome des KTS

Die häufigsten Symptome sind Taubheit, Brennen und Prickeln von einem oder mehreren Fingern, in der Regel unter Ausnahme des Kleinfingers. Diese Symptome können jederzeit auftreten, sehr häufig und typischerweise jedoch nachts und am frühen Morgen und führen damit zum Aufwachen des Patienten.
Besserung erreicht der Patient dann durch Schütteln, Massage und Hochhalten der betroffenen Hand sowie Anwendung von kaltem Wasser.
Die Schmerzen können sich ausdehnen über den Unterarm und den Ellbogen bis in Schulter und Hals. Diagnostisch abgrenzen muß man in diesen Fällen z.B. von der Halswirbelsäule ausgehende Beschwerden.
Bei Vorliegen eines KTS können die täglichen Aktivitäten mit Handgelenksbeugung und Greifbewegungen wie z.B. Telefonieren und Autofahren Taubheit und Prickeln hervorrufen.
Die Gefühlsminderung kann sich äußern in Unbeholfenheit und Schwäche der betroffenen Hand. Patienten lassen Gegenstände fallen oder sind nicht mehr in der Lage, bestimmte feinmotorische Tätigkeiten oder einen festen Spitzgriff auszuführen.

Zeichnung 3: Verlauf des Mittelnervens, Muskulatur des Daumenballens


Der Daumenballen besteht aus der Thenarmuskulatur, diese werden, wie oben beschrieben, zum Teil vom Mittelnerven kontrolliert. Bei fortgeschrittenem KTS entwickelt sich in der Regel eine Thenaratrophie, d. h. die Thenarmuskulatur ist verschmächtigt. Als Folge sind die Beweglichkeit und die Kraft des Daumens eingeschränkt.


Diagnostik des KTS

In der Regel sichern die typische Vorgeschichte(Anamnese) und die klinisch-handchirurgische Untersuchung mit Feststellung der beschriebenen Symptome die Diagnose. Zur kompletten Diagnostik gehören unbedingt eine neurologische Untersuchung und die Röntgen-Untersuchung des Handgelenkes, um knöcherne Ursachen auszuschließen.

Behandlung des KTS

  1. konservativ:
    • Vermeidung bestimmter Tätigkeiten
    • Pausen bei bestimmten Tätigkeiten
    • Nachtschiene in leichter Streckstellung des Handgelenkes, in Abhängigkeit von den Beschwerden auch tagsüber zu tragen
    • Vitamin B-Therapie (nicht bewiesen)

  2. operativ:
    Wenn die konservative Therapie nicht zum Erfolg führt, die Beschwerden des Patienten zu stark sind oder klinisch ein schweres und fortgeschrittenes KTS besteht, ist die Indikation zum operativen Vorgehen gegeben.
Anästhesie (Betäubung):

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Operation schmerzfrei durchzuführen, Ihr Narkosearzt wird Ihnen diese Möglichkeiten eingehend erläutern.

Operations-Techniken:

Die Operation eines KTS erfolgt in der Regel ambulant, d. h. die Patienten können nach der Operation wieder nach Hause entlassen werden.

1. Allgemeine OP - Vorbereitungen:

  • Blutleere: um bei der OP optimale Sichtbedingungen zu gewährleisten und damit das Verletzungsrisiko wichtiger Strukturen (Nerven, Blutgefäße, Sehnen) zu mindern, erfolgt die OP in Blutleere.
    Der zu operierende Arm wird dazu mit einer Gummibinde ausgewickelt und für den Zeitraum der OP mit einer Druckmanschette abgebunden.
  • Hautdesinfektion und steriles Abdecken: Um das Infektionsrisiko zu senken, wird die Haut desinfiziert, das OP-Feld wird mit sterilen Tüchern abgedeckt.
  • Die OP erfolgt unter Zuhilfenahme der Lupenbrille, um die wichtigen funktionellen Strukturen der Hand so gut wie möglich zu sehen und zu schonen.
2. Offene OP-Methode:

  • Hautschnitt (Zeichnung 4)
  • Durchtrennung des querverlaufenden Handwurzelbandes (Zeichnung 5)
  • Darstellung des Nervus medianus und des motorischen Thenarastes
  • Spaltung der äußeren Nervenhülle (Epineurium) des Nervus medianus
  • Ggf. Entfernung der Beugesehnenscheiden (Synovialektomie) bei entsprechenden entzündlichen Veränderungen
  • Das querverlaufende Handwurzelband wird nicht vernäht, Nachteile für die Funktion sind hierdurch nicht zu erwarten
  • Hautnaht
  • Kompressionsverband
  • Ruhigstellung mittels streckseitiger Unterarmgipsschiene
Zeichnung 4: Hautschnitt bei "Offener Methode"


Zeichnung 5: Hautschnitt bei "Endoskopischer Methode"


3. "Endoskopische" Methode:

Diese Methode wurde vor allem in den U.S.A. entwickelt und kommt seit einigen Jahren auch in Europa vermehrt zum Einsatz:
über zwei kleine Zugänge (Zeichnung 5) wird über eine eingeführte Optik das querverlaufende Handwurzelband dargestellt und von der anderen Seite des gebildeten Kanals mit einem kleinem Messer gespalten.

Vorteile:
  • weniger Narbenbeschwerden
  • kleinere Narben
  • kürzere Dauer der Arbeitsunfähigkeit (nicht bewiesen)
Nachteile:
  • der Nerv kann bei der OP nicht inspiziert werden
  • eine evtl. vorliegende Beugesehnenscheiden-Entzündung kann nicht beurteilt und nicht behandelt werden
  • die Verletzungsgefahr wichtiger funktioneller Strukturen wie sensibler Nervenäste zu den Fingern, des motorischen Thenarastes zum Daumenballen oder des arteriellen Hohlhandbogens ist relativ hoch.
Zeichnung 6: Durchtrenntes Retinaculum flexorum


Nachbehandlung:

  • Der Patient geht nach der OP nach Hause, die nicht im Gipsverband fixierten Gelenke sollen bewegt, nicht belastet werden.
  • 1. Tag nach der OP: Gips- und Weichteilkontrolle (auch beim Haus- oder überweisenden Arzt möglich)
  • 5. - 7. Tag nach der OP: Abnahme der Gipsschiene und Verbandwechsel, Beginn mit Übungen unter Entlastung für das Handgelenk (auch beim Haus- od. überweisenden Arzt möglich)
  • 14. Tag nach der OP: Verbandwechsel und Entfernen der Fäden (auch beim Haus- od. überweisenden Arzt möglich)
  • 1 Tag nach dem Entfernen der Fäden ist ein Verband nicht mehr nötig.
    Beginn mit regelmäßigen (3-4 x tgl.) Übungen im kalten Wasser (ggf. unter Zusatz von Eiswürfeln). Kälte reduziert die Schwellung, nimmt den Schmerz. Patienten, die Kälte nicht vertragen, nehmen lauwarmes Wasser.
  • 5 Tage nach dem Entfernen der Fäden Beginn mit der Narbennachbehandlung:
    Narbe 4-5 x tgl. mit Ringelblumensalbe(od. anderen fetthaltigen Salben) dünn einreiben (massieren), die Narbe wird weicher, weniger schmerzhaft und besser belastbar ("Abhärtung" der Narbe).
    Unterstützen kann man diesen Effekt auch durch Beklopfen der Narbe, z.B. mit einer weichen Bürste.
  • Krankengymnastik und/oder Ergotherapie sind selten erforderlich, werden aber bei Auftreten von Bewegungseinschränkungen eingesetzt.
  • Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit beträgt in der Regel 3 - max . 4 Wochen.
  • 3 Monate nach der OP sollten eine neurologische und handchirurgische Kontrolluntersuchung erfolgen.
Verlauf nach der Operation:

In der Regel bilden sich die KTS-Beschwerden schon in der ersten Nacht nach der OP zurück.
Narbenbeschwerden verschwinden weitgehend innert der ersten 6-8 Wochen. Nach 3-6 Monaten klagen die Patienten nicht mehr über Narbenschmerzen. Ihren endgültigen Zustand hat die Narbe allerdings erst etwa 12 Monate nach der OP erreicht.

© Dr. Klaus Lowka


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